Stubentheater

Stubentheater


Dass man ein Theaterstück in einer Wohnstube spielen kann, hätte ich selber auch nicht geglaubt, bis ich es zum ersten Mal ausprobiert habe. Auf die Idee gebracht hat mich ein Mann, der sich eines meiner Stücke zum 50gsten Geburtstag wünschte. Genau genommen sagte er, er habe noch nie in seinem Leben für sich ein Fest gemacht – Jubel, Trubel, Heiterkeit sei nicht sein Ding – und er werde wohl auch nie ein Fest machen, ausser ich spiele für ihn den «Godunow». Mir war sofort klar, dass ich der richtige Mann am richtigen Platz war und sagte zu. Das war 1995. Seither bin ich an vielen runden Geburtstagen in vielen verschiedenen Stuben gewesen und habe diese intime Form des Theaterspielens sehr lieb gewonnen. Jede Stube hat ihre eigene Atmosphäre, jede Gesellschaft ihre eigene Chemie und jeder Abend ist anders.

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Lieber Andreas
Vielen herzlichen Dank für dein Theater an meinem Geburtstag! Es hat mich sehr berührt. Ich fand es grossartig, und es war ein wundervoller Rahmen für das Fest - Es war das leuchtende Zentrum, das alle und alles verband.
Tausend Dank!
Herzlich N.

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Lieber Onkel Ernst und Andreas Schertenleib
In unserer Stube hockt ihr immer noch im Ofenwinkel, und ich erschrecke immer leicht, wenn ich die Stubentüre öffne – so präsent, auch jetzt noch, wie am 2.5. um 20h, wo wir die Stube vergassen und in andere Räume traten, die Personen unmittelbar neben uns standen, gleich überrascht wie wir, wenn der Schnitt uns in eine neue Situation versetzte. Niemand konnte sich entziehen. Und wenn die Spannung zu gross wurde, hast du uns geholfen mit einer Nebenhandlung, Koffer öffnen, Geige putzen, so dass wir wieder atmen konnten. Und die Traurigkeit hast du mit einem verschmitzten Lächeln ertragbar gemacht; aber nichts verwischt – es war himmeltraurig schön – wir alle danken dir herzlich für diesen Abend.

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Liebe Frau D.
Nun weiss also auch unser liebenswürdiger Nachbar, was ein Event ist. Ich selbst glaubte bis anhin stets, dies müsse etwas Lautes, ziemlich Schräges sein.
Weit gefehlt; Onkel Ernst – der aus Kanada – belehrte mich: dies kann auch etwas Tiefgründiges, Verspieltes, äusserst Intimes sein. So war es für uns alle ein wahrer Genuss, dem begabten Künstler zuzuschauen, an seinen Lippen zu hängen, verzückt seinem Bratschen-Spiel zu lauschen, all das Gesagte aufzunehmen und nun, in der Rückschau und mit einem Tag Abstand, das Unausgesprochene oder zuweilen nur leicht Angetönte aufzunehmen und weiter zu spinnen. Einmalig. Sie haben uns all die ermöglicht, wir durften mit dabei sein. Dafür danken wir Ihnen von Herzen.

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...Um 20 Uhr sitzt eine bunte Schar von rund 25 Geburtstagsgästen auf der improvisierten Theaterbestuhlung in Gsells Wohnzimmer. Schertenleib legt los, ein amüsantes, hintergründiges und ironisches Verwirrspiel nimmt seinen Lauf. Was die Leute vorgesetzt bekommen, erfordert höchste Konzentration, zieht sie aber auch in Bann und bringt sie zum Lachen. Der Künstler wechselt von einer Sprache in die andere, schlüpft von der einen Identität in die andere und wieder zurück. Die Sätze sprühen vor Wort- und Sprachwitz, die Kontraste der Figuren wirken äusserst komisch. «In diesem Stück stelle ich radikal in Frage, was Realität und was Fiktion ist. Welche Identität ist wahrer, die erfundene oder die reale?», sagt Schertenleib nach seinem Auftritt sichtlich entspannt und zufrieden.
Coopzeitung vom 2. Oktober 2007 über eine Stubenaufführung von
«But who the hell is Godunow?»

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